Freitag, 18. Juli 2014

Kennerspiel des Jahres 2014 - Die Nominierten

Spiel des Jahres, Corny`s Spieleecke

Kennerspiel des Jahres 2014

Gestern gab's eine Übersicht über die "normalen" Nominierten zum Spiel des Jahres und heute legen wir noch ne ganze Schippe oben drauf und präsentieren allen fortgeschrittenen Spieleliebhabern unter Euch die Nominierten zum Kennerspiel des Jahres 2014. Lehnt Euch zurück und genießt die geballte XXL-Ladung an purem Spielespaß!


Concordia:



Fazit: 
Ich hab mich verliebt! Was für ein tolles Spiel!! Das trifft genau meinen Geschmack: Knallharte Wirtschaftssimulation meets historisches Setting in einem vor Detailreichtum nur so strotzendem Brettdesign. WOW! Und an Concordia sehen wir gleich auch mal ein Beispiel wie das bekannte und derzeit beliebte "Dominion" Kartensystem aufgegriffen, aber im Gegensatz zu Splendor nicht einfach lieblos heruntergeleiert sondern sinnvoll ergänzt und mit der Interaktion der Brettspieloberfläche erweitert wird! Und das Ganze in einem in sich stimmigen und tollen Setting! So soll das sein - F-A-N-T-A-S-T-I-S-C-H! Und durch das moderne Handkartenspieldesign erklärt sich dann das Spiel auch noch quasi von allein. Besser gehts doch (fast) nicht mehr!
Einzig die späte Punktevergabe die erst am Ende des Spiels erfolgt, hemmt meine Spielfreude: Es ist ja toll wenn man vor sich hinwirtschaften und aufbauen kann - doch weiß man im Grunde ja nie genau wie gut man jetzt eigentlich wirklich ist. Da hat man so ne schöne Kramerleiste an die Seite gepappt, doch für die Endabrechnung wäre die gar nicht von Nöten (da reicht es auch im Kopf zu addieren anhand seiner Chips und Karten). Die Kramerleiste soll doch, bzw. kann ja gerade durch Anzeigen des aktuellen Spielstands zusätzlich die Spannung innerhalb des Spiels massiv erhöhen. Potential verschenkt!
Die im oben verlinkten Video angesprochene Kritik, wenn nun zwei Spieler auf die selben Siegpunkt-Kategorien gehen, dies somit ein automatischer Nachteil für eben jene Spieler sei und somit dann auch ein Vorteil für die anderen stimmt absolut - doch ich gebe zu bedenken: Das ist ein Problem das fast alle aktuellen Spiele haben, während frühere Spiele halt nur wenige Kategeorien besaßen in denen man Punkte anhäufen konnte. Als Beispiel sei hier nur mal die beliebten und allseits bekannten Siedler von Catan erwähnt: Darin gibt es neben Standardpunkten für Siedlungen, Städte und Siegpunktkarten gerade Mal zwei Kategorien mit Konfliktpotential: Größte Rittermacht und Längste Handelsstraße. In der Folge konkurriert man also fast automatisch um diese beiden einzig zusätzlich vorhandenen Punktemöglichkeiten. Modernen Spiele hingegen besitzen nun zwar deutlich mehr Punktekategorien, dann tritt leider aber auch die im Video angesprochene Problematik zu Tage, dass es zwar mit der Vielfalt unwahrscheinlicher wird dass man auf das gleiche Erfolgsmodell setzt, wenn es aber dann doch passiert dies somit die darin beteiligten Spieler automatisch benachteiligt. Manchmal ist halt dann doch weniger mehr!

Und ich muss leider sagen, dass das Marketing etwas "unglücklich" ist, charmant ausgedrückt: Einem Spiel den selben Namen wie einem Schiffsunglück zu geben - ich weiß ja nicht.



Istanbul



Fazit: 
Ich hab mich frisch verliebt! WOW! Bei den Basaren von "Istanbul" stimmt einfach mal das Gesamtpaket aber sowas von! Nicht nur das zugrundeliegende Handelssetting ist stimmig umgesetzt, sondern auch die eiskalte rubinenhafte Wirtschaftssimulation die dem einzelnen Spieler eine Vielzahl an Zugmöglichkeiten offen lässt, weiß zu begeistern! Besonders gefällt mir hierbei, dass man durch seine Kontrahenten in seinen eigenen Spielzügen nicht aktiv behindert werden kann - sich aber der Spielplan durch stetig verteuernde Produkte, sowie durch Angebot und Nachfrage, sich stets organisch-dynamisch verändert. Erfrischend empfinde ich auch, die für mich jedenfalls, neuartige Zugmechanik mit den Gehilfen. Toll!

Einzig die Tatsache, dass man zwischen den einzelnen Mitspielern keine Waren tauschen kann, finde ich etwas schade - das hätte eine zusätzliche Dynamik ins Spiel gebracht und den Spielspaß nochmal deutlich nach oben geschraubt. Und die sog. "Teestube" ist mir zu mächtig! Das man dort - auch wenn man mal deutlich unter dem angesagten Würfelergebniss liegt - trotzdem mit einem Trostpflaster den Laden verlässt ist für mich nicht stimmig. Hier hätte man eher Maluspunkte einführen sollen, oder das man etwas einsetzen muss das man auch verlieren kann! So dass am Ende, wie halt auch im echten Leben, dass zocken was von Risiko hat das auch manchmal richtig weh tun kann.



Rokoko



Fazit: 
ROFL! Kleider Crafting goes Boardgaming! 

Ok, der war böse! Doch Sarkasmus an die Kleiderpuppe: Was für ein Hammergame!! Ich bin sowas von schwer bekleidet begeistert! Das hört sich jetzt vielleicht nach der ganzen Lobhudelei zu Concordia und zu Istanbul schon etwas abgedroschen an, Tatsache ist aber auch hier, dass mich das Spiel in seiner Tiefe, Optik, Präsentation und in seinen Interaktionsmöglichkeiten regelrecht wegbläst! Nicht ohne Grund begründet die Jury zum Spiel des Jahres ihre Entscheidung wie folgt: "Hier wird nicht nur um Punkte und Mehrheiten gerungen, hier sind wir tatsächlich Schneider, die ein kleines Unternehmen steuern und mit anderen im Wettbewerb um Garn, Stoffe und Mitarbeiter stehen." Das Setting - wenn wundert's - ist zudem auch noch unverbraucht frisch. Gut das mit dem Feuerwerk hatten wir letztes Jahr aber auch schon bei Hanabi;-)
Etwas entfernt erinnert es mich - rein optisch gesehen und etwas von der Mechanik her an "Village" - dem Kennerspiel des Jahres 2012. Nur das hier anstelle der faszinierenden Simulation eines kompletten Dorfes mit all seinen Wirtschaftszweigen, ein Kostümfest für den König tritt! Ein "old-fashioned" Eventmanager sozusagen ^^
Besonders ähnlich zu Village sind auch die vielen, vielen Möglichkeiten Siegpunkte zu generieren und fällt Euch noch was auf? Mal wieder wird das Spiel mit einem Kartendeck à la Dominion "gesteuert"! Also auch in dieser Hinsicht ist Rokoko kein neuer Wurf sondern kombiniert und entwickelt "nur" geschickt modernes Spieldesign weiter. Das muss aber wie gesagt nichts negatives sein, denn wenn es so liebevoll und optisch eindrucksvoll in Szene gesetzt wird, noch dazu mit einem bisher unverbrauchten Szenario (eben im Gegensatz zu Splendor), kann daraus was neues und fantastisches erwachsenen! Die Siedler von Catan haben ja damals auch nicht das Hexagon neu erfunden! ^^
Als eine super Designentscheidung empfinde ich, dass die im Verlauf des Spiels geschneiderten Kleider sowohl zur Generierung von Siegpunkten als auch zur Generierung von Geld eingesetzt werden. Dadurch muss man sich stehts entscheiden was man lieber haben will: Mehr Punkte oder erstmal mehr Geld um wiederum bessere Kleider für mehr Punkte herstellen zu können. Das hört sich jetzt eventuell trivial an - jedoch sind dadurch die Kleider ein echtes Schlüsselelement im Spielverlauf. Und dadurch wiederum ist das Thema "Ball" und "Rokoko" perfekt umgesetzt worden. Es ensteht somit eine fast schon unheimlich perfekte Symbiose zwischen Spielmechanik und Design! Wow!
Gut ist auch das für die Endabrechnung auf eine Kramerleiste verzichtet wurde. In der Folge erscheint das Brettdesign von unnötigen und unstimmigen Elementen befreit. Wieviel Punkte man für welche Aktion am Ende erhält ist ja eh - ähnlich zu Village - an jeder Stelle sichtbar gekennzeichnet!
Einzig die Mechanik, dass die zu kaufenden Stoffe im späteren Zugverlauf stehts billiger werden, entspricht nicht so meinen Verständnis für Angebot und Nachfrage. Dies wird aber vermutlich einer Designentscheidung geschuldet sein, dass man nachzügelnden Spielern noch eine Aufholchance bieten möchte. Vom Balancing her könnte das also eine richtige Entscheidung sein.



Gesamtfazit:

Toll, Toller, Kennerspielliste 2014! Auch wenn der Schüttelreim nicht aufgeht - alle vier Spiele des starken Jahrgangs 2014 bringen mich zum schwärmen und würden ohne zu zögern sofort auf meinen Spieletisch landen! Doch welches Spiel ist mein Favourit? Welchem Spiel würde ich einen "Sieg" am ehesten gönnen?

Concordia ist für mich eine geniale Kombination aus Siedler von Catan und Dominion. Den Spielverlauf erlernt man dabei auch noch quasi nebenbei. Toll! Wäre da nur nicht die unnötig komplizierte und erst am Ende stattfindende Punkteabrechnung via Götterkarten sowie die diesjährig harte Konkurrenz! Bei Jupiter das wird wohl nichts mit uns beiden!

Rokko ist ein tolles Spiel und hat ein fantastisches Handelsprinzip. Es ist sauber durchdacht und stimmig umgesetzt und doch erinnert es mich zu stark an Village.
Istanbul ist ein faszinierendes Händlerspiel mit einer charmanten Zugmechanik. Jedoch hat das Spiel mir zuviele Glücksmomente.

Kurzum: Rokko oder Istanbul. Beide sind für mich - auf ihre jeweils spezielle Art - vorne gleich auf! Von der neuartigen Spielemechank und weil Rokko mir doch etwas zustark an Village angelehnt ist, würde ich dann doch eher noch fast nen kleinen Tick zu Istanbul tendieren auch wenn ich hier die Befürchtung habe das - dem modularen Aufbau geschuldet - bei einem Sieg zum Kennerspiel des Jahres - das Spiel mit Erweiterungsmodulen nur so überflutet wird *seufz*


Das einzige was mich ein wenig enttäuscht: 
Alle Spiele in diesem Jahr sind reine Handelsspiele. Wo bleibt das Fantasysetting? Die faszinierenden Sci-Fi Welten? Wo bleiben Dungeons & Dragons? Wo bleiben wirklich neue und innovative Spiele? Da war der letztjährige gewinner Acandor doch noch nen Tick interessanter - wenn auch die Wiederspielbarkeit nur für Demenzerkrankte vorlag!


Und am Samstag verrat ich Euch dann wer gewonnen hat (wenn ihr das nicht eh schon wisst^^).

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