Montag, 6. Mai 2013

Sneak Review: "Türkisch für Anfänger"

Filme und Serien 
Türkisch für Anfänger

Produktionsjahr: 2012
Laufzeit: 105 min
Budget: 4 Mill. $ (?)
Einnahmen: 23,7 Mill. $
Original Titel: Türkisch für Anfänger
Genre: Action/Comedy
FSK: 12
Zur Homepage (deutsch): Hier klicken


Der Trailer:




Frustriert vom Leben und quasi traumatisiert von einer antiautoritären Erziehung wird Lena von ihrer Mutter Doris zu einem Urlaubstripp nach Südostasien verdonnert. Bereits im Flieger werden Lenas schlimmste Befürchtungen wahr, als sie neben dem wandelnden Testosteronpaket Cem Öztürk sitzen muss. Deutsche Emanzipation trifft auf türkischen Machismo. Die Katastrophe ist perfekt, als die Boeing notwassern muss und Lena sich plötzlich mit Cem, seiner streng religiösen Schwester Yagmur auf einer einsamen Insel wiederfindet. Während die Jugendlichen den Schlagabtausch im unberührten Paradies eröffnen, trifft Doris in einer Hotelanlage auf den konventionell-bürgerlichen Vater Metin Öztürk, der ebenfalls auf der Suche nach seinen Kindern ist ... (entnommen aus der Blu-Ray Beschreibung)

Jaja richtig "Bäh Fleisch" und 5 min später sich das ganze Teil auf einmal hinterziehen ^^

Das war er also - der erfolgreichste deutsche Kinofilm des letzten Jahres. Und einer mit einer interessanten Vorgeschichte: So lief "Türkisch für Anfänger" ursprünglich als eine erfrischend moderne Serienkomödie im Vorabendprogramm der ARD und ist (soweit mir das bekannt ist), die einzige deutsche Serie die den Sprung von der Mattscheibe auf die eheren Kinoleinwand geschafft hat. Doch wird auch der Kinofilm dem ursprünglichen Esprit, der Scharfzüngigkeit und der Originalität der fantastischen Vorlage gerecht?

Knapp gesagt: Nein! Aber das wundert auch nicht. Sein wir doch mal ehrlich! Wie könnte ein knapp 2 h langer Film inhaltlich an eine 3 Staffeln umfassende Serie rankommen? Okay, beim A-Team oder bei Knight Rider wäre das möglich, dass gebe ich gerne zu, aber nicht bei einer modernen, inzwischen üblicherweise extrem episch erzählten Serie zu der "Türkisch für Anfänger" in kleinem Umfang auch gehört. Doch eins nach dem anderen:

Die Grundlegende Idee die Serie im Kino zu rebooten (auf neudeutsch: "Neuerzählt") ist zwar auf dem Papier der Macher ein interessanter Ansatz (Nicht-Serien-Kenner ins Kino locken; gleichzeitig  Serienliebhaber erneut an der Charakterentwicklung erfreuen), doch dieser klappt leider nur bedingt. Denn man muss kein Archimeds sein um die zugrundelegende Zahlenlehre zu verstehen, dass ein Film in 2h bei weitem nicht die logische und liebevolle Charakterentwicklung erreichen kann wie eben in 52 halbstündigen Episoden in den eingangs erwähnten 3 Staffeln. Zwar sind die Charaktere fast 1:1 aus der Anfangszeit der Serie entnommen (Jagmur ist jedoch in der Kinoversion bei weitem nicht so prüde und Lena ist leider deutlich nerviger umgesetzt worden), und durchlaufen dann ihre bekannte Charakterentwicklung aus der Serie wie auf Speed, sozusagen DVD auf 16-fach, bis dann am Ende sich auch wieder all die Pärchen gefunden haben, die man so auch aus der zugrundeliegenden Serie gewohnt war. Doch im Gegensatz zu der Serie funktioniert das hier nicht wirklich!

Wie konnte den die Macher nur ernsthaft glauben, dass man nach Penis, Allergie und Haiwitzen sowie "Nutten am Pool" Videos, aufeinmal eine ernsthafte Liebeszene umsetzen kann, ja überhaupt auf den Gedanken kommen, dass das irgendwie funktionieren könnte? Zuviel Rosamunde Pilcher Logik geschnuppert? Liebe Macher: ES TUT ES NICHT! Man könnte es auch so sagen: Der Genitalhumor hat den Film voll gefickt! Und "glaubwürdig" wird der Film im Ansatz eigentlich nur deshalb, weil wir als Serienkenner die Charakterentwicklung der Figuren über mehrere Folgen hinweg (über mehrere Jahre verteilt!) erlebt haben und daher nun auch selbiges für die Kinoversion im eingebrannten Unterbewusstsein erwarten. Im Grunde hakt man innerlich eher ein: x küsst y und knallt z ab ohne sich wirklich zu fragen: Ist das denn nun auch in dieser Neuinszenierung überhaupt noch logisch? Schade!

Nutten am Pool! YEEEEEAH! 
(Der blonde Neuzugang Sonja Gerhradt rockt übrigens mit ihrer Darstellung einer Gettotuss!)

Problematisch ist dabei übrigens auch das Alter der Darsteller. Einer 26-jährigen Josefine Preuß nimmt man aufgrund ihrer Erscheinungsgestalt noch so gerade eine 18-jährige Abiturientin ab, beim 30-jährigen  Elyas M'Barek ist aber das Alter nun wirklich nicht mehr zu vertuschen, sorry! (Wobei darauf sogar selbstironisch im Film eingegangen wird - doch ich will hier nicht alles wegspoilern was nicht bei drei im Drehbuch stand ^^) Hochhalten muss man dann aber durchaus, dass es den Machern gelungen ist fast alle ehemaligen Seriendarsteller erneut in diesem Film zu vereinen. Das ist wiederum ein dicker Pluspunkt!

Ansonsten biedert sich der Film auch viel zu stark an "aktuellen" TV und Filmlieblingen an. "Aktuell" deswegen im Gänsefüßchen weil anscheinend vom Zeitpunkt der Drehbuchendfassung bis zur Verfilmung ein gewisse zeitliche Distanz nicht zu leugnen ist. Anders kann ich mir beim besten Willen nicht erkären, warum die Anleihen an Lost (2004-2010) oder den Baader Meinhof Komplex (2008) so präsent eingebaut wurden. Wo also ein Scary Movie WIRKLICH aktuell ist, teilweise sogar Filme auf die Schippe nimmt die erst noch in die Kinos kommen - da ist Türkisch für Anfänger, fast typisch Deutsch, dem Trend mal wieder ein paar Jahre hinterher.

Türkisch für Anfänger war leider Günther Kaufmanns letzter Film :-(
Trotz aller Kritik, muss man Türkisch für Anfänger zu Ehren halten, dass es für deutsche Filmverhältnisse hervorsticht: Die komplette Inszenierung ist vorbildlich, das Drehbuch und die Gagabfolge sind rasant geschnitten und die Schauspieler sind perfekt gecastet. Was aber wirklichen Schauwert hat, sind die fantastischen Landschaftsaufnahmen die zwar wiederum eine ziemlich offensichtliche künstlerische Anleihe an die TV-Serie Lost sein sollten, aber toll und facettenreich im Bild aufgenommen worden sind, so dass es ein wahre Freude ist dem Geschehen auf der Leinwand zu folgen.

Und abseist aller Kritik über die leider mäßig umgesetzte Reboot Idee, wenn man sich erstmal von der alten Serie los löst und sich ganz auf den Film, so wie er eben ist, einläst - so macht er dann auch richtig viel Spaß! Es ist hierbei eher der Fanboy in mir, der verletzt über seine vernachläsigte Serienvorlage herumstänkert, als der Kinogänger der ab und an eine Träne vor Lachen hatte und sich auf seinen virtuellen Schenkel haute. Türkisch für Anfänger ist für einen lockeren Abend auf keinen Fall eine falsche Entscheidung und ist für Freunde deutscher Komödien eine ganz klare Empfehlung!







Fazit:
Türkisch für Anfänger ist ein mit viel Herzblut gemachter deutscher Komödienfilm. Während viele Witze und Ideen hervorragend zünden, die Optik brilliant ist (gerade für einen deutschen Film) und man in jeder Sekunde merkt welchen Fleiß, Blut, Schweiß und Tränen die Macher in die Realisierung des Projektes gesteckt haben (ich verweise nur mal an den animierten Abspann ...) verhindern die gehäuft vorkommenden dummen Gentialwitze eine höhere Wertung. Ja, Türkisch für Anfänger ist eine gute deutsche Komödie, die versucht innovativ zu sein und dennoch bieder rüberkommt. Die komplette Inszenierung und Umsetzung ist im Grunde nur eine Anbiederung an die amerikanischen Filmkultur des letzten Jahrzehnts und damit nicht mehr zeitaktuell. Schade also, dass die Macher nicht den Mut hatten abseits des Genitalhumormainstreams wirklich ihrer eigenen Linie zu folgen. Trotzallem, oder gerade erst deswegen (?) wurde Türkisch für Anfänger der erfolgreichste deutsche Film 2012 und vielleicht dürfen wir ja in ein paar Jahren auf eine Fortsetzung hoffen die dann nicht wieder altbekanntes in Kaisers neuen Kleidern packt, sondern uns wirklich was neues zu erzählen hat. Die Serienvorlage hätte das verdient!


Gesamtwertung:

Einzelwertungen:

Corny: 6,5/10
s.o.

Doc: 5/10
"Unterhaltsam; am Ende etwas schnulzig-übertrieben. Schade, dass es eine unabhängige Geschichte war ohne Anschluss an die Serie"

Eva: 8/10
"Im Grunde gut, teils ist die Story etwas platt und fremdschämen garantiert. Aber ein paar gute Jokes dabei"

Steffi: 5/10
"Ohne Worte"


Quelle Bilder: cinema.de

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