Mittwoch, 22. April 2015

Review "Die Tribute von Panem - The Hunger Games"

Filme und Serien 
Die Tribute von Panem - The Hunger Games
Produktionsjahr: 2012
Laufzeit: 142 min
Budget: 78 Mill. $
Einnahmen: 691 Mill. $
Original Titel: The Hunger Games
Regie: Gary Ross
Score: T-Bone Burnett; James Newton Howard
 Genre: Adventure/Sci-Fi
FSK: 12
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Der Trailer:



Um seine Macht zu demonstrieren, veranstaltet das Regime des totalitären Staates Panem jedes Jahr die "Hungerspiele": 24 Jugendliche, jeweils ein Junge und ein Mädchen aus den 12 Distrikten, treten in einem Kampf um Leben und Tod gegeneinander an und am Ende kann nur einer von ihnen überleben. Die 16-jährige Katniss geht freiwillig für ihre kleine Schwester in die Arena. Der zweite Kandidat aus Katniss' Distrikt ist Peeta den sie seit ihrer Kindheit kennt. Kurz bevor das grausame Turnier beginnt, gesteht Peeta Katniss seine Liebe. Doch das Kapitol macht sie zu Todfeinden - Believe it or not! ... [von der Blu-Ray Beschreibung entnommen]

Liebes-Schnulz-Alarm im Sci-Fi Gewand? Da dachte man nach der Twilight Saga wäre die Welle an absurden Teenager-Drama-Liebesgeschichten nun endlich beendet und dann kommt diese "Tribute von Panem" Reihe um die Ecke. Doch halt ist es wirklich fair diese in einem Atemzug mit der trashigen Teenie-Vampirsaga zu nennen? Wir klären auf!

Mein Gott - diese 08/15 Story: Wir befinden uns (mal wieder) in einer dystropischen Zukunft, in der Nordamerika durch Kriege und Naturkastastrophen größtenteils zerstört wurde. Aus den Trümmern der Vergangenheit entstand mit der diktatorischen Nation Panem eine neue Ordnung, bestehend aus dem dekadenten Kapitol und den 12 umliegenden Distrikten die unter der Knechtschaft des Kapitols zu leiden haben. Dabei ist jedes der Distrikte, ähnlich den früheren sowjetischen Satellitenstaaten, auf ein gewisses Produkt spezialisiert (z.B. Distrikt 12 auf Bergbau), wodurch kein Distrikt autark sein kann und von den knappen Lieferungen aus dem Kapitols abhängig ist. Nun, diese Idee erscheint inital sogar recht originell, wobei mir aber als Europäer natürlich doch recht schnell die mehr als offensichtlichen Anleihen an das römische Reich mit seinem dekadenten Regierungssitz und den ausgebeuteten Provinzen deutlich wird. "Spätrömische Dekadenz" ick hör dir trapsen! Zudem leitet sich "Panem" vom lat. Ausspruch "Panem et circenses" (Brot und Spiele) ab, welches wiederum titel-gebend für die auf Leben und Tod stattfindenden Gladiatorenspiele aka Hungerspiele ist. Kurzum, was den Amerikanern somit ein neuartiges Setting bietet, ist mir als Mitteleuropäer (der sogar in einer ehemaligen römischen Siedlung aufgewachsen ist) nur allzu gut bekannt.

Lack, Leder, Feuer - 50 Shades of Grey Light ;-)
Nebenbei ist die Idee eines Gladiatoren-spiels im Sci-Fi Gewand, welches in einer TV-Übertragung die dekadente Bevölkerung begeistern soll, schon so dermaßen cinematisch ausgelutscht, dass es schon laut "Plagiat" ruft! Nur mal so einige spontane Beispiele: Da wäre die bekannte und geniale Star Trek Folge "Brot und Spiele" von 1968, der deutsche Fernsehfilm "Das Millionenspiel" von 1970, modiert von Dieter Thomas fucking-awesome Heck, "Running Man" von 1987 mit Arnold Schwarzen-egger nach einem Roman von Stephen King, sowie der japanischen Film "Battle Royale" von 2000, in dem sich ganze Schulklassen (AHA! ;-) bis auf das letzte KInd bekämpfen müssen.



Wenn auch die zugrundeliegende Story keinen Innovationspreis gewinnen wird - wie gelungen ist dann die filmische Umsetzung? Nun, leider ist das Ganze auch hier ein zweischneidige Angelegenheit: Da wären auf der einen Seite die unfassbar schlechten CGI Effekte, die mich jedesmal wieder aus der Inversion gerissen haben: Das Kapitol mit all seinen Gebäuden schaut in dem Film aus, als wäre es aus einer billigen TV-Produktion entsprungen, die CGI Monster könnten genauso gut aus einer The Asylum Verfilmung stammen und selbst die Eröffnungsarena und die Interviewsäle schreien visuell so nach Photoshop, dass ich mich zwischendurch ernsthaft verwundert fragte, ob diese Produktion WIRKLICH aus dem Jahre 2012 und nicht etwa von 1992 stammt. (Und für alle Klugscheißer unter uns: Die erste Photoshop Version erschien schon 1990 ;-) Dieser filmische Dilettantismus ist mir umso unverständlicher, sind doch auf der anderen Seite die ganzen Computeranimationen im TV-Regieraum geradezu fantastisch gelungen?!? Vermutlich waren hier einfach nur zwei unterschiedliche CGI Schmieden am Werk - anders kann ich mir die vielen qualitativen Fehltritte einfach nicht erklären - selbst der CGI-Waldbrand sah so unecht aus, dass ich vor Entsetzen fast laut lachen musste.

Und nicht nur das Kapitol ist mit schlechten CGI Effekten umgesetzt worden, auch die Kampfarena gähnt vor optischer Langeweile von der Leinwand herab. Da wo ein "The Hunter" mit seinem fast schon absurd niedrigem Budget in Höhe von gerade mal einer schlappen Million Dollar uns ein naturverbundenes Lustspiel über den Reichtum und Vielfältigkeit der Natur schenkt, da bekommen wir bei den Tributen von Panem immer nur wieder die gleiche Waldkulisse, mit immer den selben Baumarten und den immer gleichen kleinen Bächen und Wiesen vorgesetzt. Da ist ja selbst ein Big Brother Container spannender ausgestattet. 

Im krassen Kontrast zu dem CGI Disaster haben sich die Macher aber bei den Kostümen und Frisuren mal so richtig ausgetobt: Die Bewohner des Kapitols stolzen in pfauenartig-barokesten Gewändern und bunt-gefärbten Hochsteckfrisuren umher und zeigen sich somit in einer solchen widerwärtigen Dekadenz, dass man sich von dieser oberflächlichen Spaßgesellschaft regelrecht angewidert abwenden muss. Ganz ehrlich: Eine Oscar Nominierung in den Kategorien Kostüme und Frisuren wäre mehr als nur angebracht gewesen!

Central City steht damit im direkten visuellen Kontrast zu den erbärmlichen Verhältnissen in den heruntergekommen und ausgebeuteten Distrikten am Rande des Kapitols, allen voran Distrikt 12. Doch leider muss es Direktor Gary Ross hier etwas übertreiben, denn die komplette visuelle Inszenierung, wie auch die Kleider der Bewohner könnten genauso gut direkt aus Schindlers Liste entsprungen sein. Das war natürlich von ihm so gewollt, aber der kluge Zuschauer hätte auch so die Prämisse des Films verstanden! Weniger ist da halt manchmal mehr!


Das eigentliche Hauptproblem(chen) stellt aber leider gerade die Hauptfigur dar: Ich kaufe Jennifer Lawrence zwar ihre Rolle als Katniss Everdeen einigermaßen ab, - soweit so gut - aber es ist im Laufe der gezeigten Filmhandlung überhaupt nicht nachvollziehbar, dass gerade Katniss der Hoffnungsträger und die Keimzelle einer kommenden Rebellion sein soll. Sie ist während des kompletten Filmes nur die Getriebene und nicht die kreativ-intellektuell schaffende! Sein wir doch mal ehrlich - Sie hat einfach ein verdammt gutes Orga-Team hinter sich, das svor allem während des Arenakampfes tatkräftig unterstützt. Kein Wunder also das am Ende der Hunger Games ihr letzter Gegner zutreffend meint, er habe "ja eh nie eine reale Chance gehabt"! Als wäre das noch nicht genug, ist Katniss zudem nicht die Person die den anderen Spielern hilft, sondern vielmehr wird IHR von den anderen geholfen (!) - allen voran von der kleinen 12-jährigen Kue, die im Laufe der Handlung mehrfach Katniss Leben rettet!! Beeindruckend an der Rolle von Katniss ist einzig die Tatsache, dass sie sich als erste ihres Distrikts überhaupt für die Hungerspiele freiwillig gemeldet hat, um damit ihre kleine Schwester auszulosen (wobei ihr aber von Anfang an auch bewusst war, dass sie viel bessere Chancen hat die Spiele zu gewinnen, als ihre kleine Schwester). Und der Aspekt "gewinnen" ist der zweite, schwach umgesetzte Punkt in der Handlung: Katniss wird zwar dem Zuschauer als Underdog präsentiert, ist aber in Wirklichkeit während des kompletten Films der klare Favorit! Ausserdem ist sie mürrisch, lautkarg und an manchen Stellen sogar schwer verbittert und aufbrausend, aber trotz allem wird sie vom Hungergames Komitee mit der höchsten Gewinnerchance bedacht??? Auch ihr District meint gleich zu Beginn des Films, mit "Katniss könnten sie endlich mal wieder die Spiele gewinne". Kurzum - wir haben eine Heldin, die dem unbedarften Zuschauer als Underdog präsentiert wird, von den anderen Figuren im Film hingegen als zentrale und starke Gewinnerfigur behandelt wird, womit aber in der Folge für den mitdenkendem Zuschauer ein verwirrender Kontrast entsteht. Ernsthaft, musste das sein? Da fühlt man sich echt verarscht! Und als wäre das noch nicht genug, entwickelt sich Katniss in dem Film auch nicht weiter - sie bleibt bis zum Ende exakt das gleiche Mädchen welches am Anfang District 12 verlassen hat - bis auf eine unmoralische Romanze, naja ... ok! Aber ein Held? Nein, ein Held ist Katniss wahrhaftig nicht!

Katniss dient vielmehr als Identifikationsfigur für das jugendliche Zielpublikum: So wird sie initial aus ihrer behüteten Umgebung herausgerissen (welche ihr aber eh schon gesteigert auf die Nerven gegangen war) und muss sich dann in ihrer jugendlichen Unbedarftheit in einer Arena des Todes beweisen. The Hunger Games ist also im Grunde eine stinknormale Coming-of-Age Story, mit all den typischen familiären Verhältnissen, komplizierten romantischen Gefühlen und den vielen vermeintlich unfairen Situationen, die auch der normale pupertierende Teenager überstehen muss! Ok, ausser, dass ein Teenager "normalerweise" niemanden umbringen muss ;-)

Einzig als Katniss die kleine Kue die letzte Ehre erweist und aufgrund dieser Herzlichkeit in Distrikt 11 einen Aufstand auslöst, kann man "erahnen" warum sie eventuell die Keimzelle einer kommenden Revolution ist - doch selbst diese wundervoll inszenierte Szene, die einen absoluten Höhepunkt des Films darstellt, reicht mir als Erklärung für ihre Heldenrolle nicht aus. Denn auch ihre Kontrahenten erweisen sich in vielen Szenen als mitmenschlich und verschonen nicht nur einmal Katniss aus Mitleid, Sympathie oder Dank - und hey, jetzt mal ehrlich, dass in 74 Jahren noch nie ein Tribun einem anderen Tribun seine Ehre erwiesen hat - das kann ich mir einfach nicht vorstellen - und noch weniger kann ich mir vorstellen, dass das manipulative Regime diese Szenen dann auch noch einfach so über den Äther schickt! Selbst Nordkorea sendet seine Fußballspiele in weißer voraussicht nur zeitversetzt! So dumm können die im Kapitol doch wahrhaftig nicht sein!

Ist den nun alles schlecht an diesem Film? Nein, bei weitem nicht! Die Story entwickelt trotz ihrer plagiathaften Struktur und teils langatmigen Erzählweise eine gewisse Spannung und Eigendynamik, die sogar bis zum Ende den Zuschauer unterhalten kann. Jennifer Lawrence ist außerdem die perfekte Besetzung für die Rolle der Katniss Everdeen, auch wenn sie leider an manchen Stellen zum Underacting tendiert. Dank ihrer tollen weiblichen Formen stellt sie aber einen ganz klaren Gegenpol zum aktuellen Hungerhaken-Trend in Hollywood dar, auch wenn sie visuell für eine 16-jährige Teenagerin definitiv zu alt ist!

Positiv anzumerken ist auch, dass die Kampfszenen sehr gut inszeniert wurden, wenn leider auch gerade zu Beginn des Films eine fast schon unerträgliche Wackelkameraführung überwiegt, und bei größeren Kampfszenen so wild rein und rausgezoomt und geschnitten wurde, dass man als Zuschauer recht rasch den Überblick verliert. Am meisten verwundert hat mich aber, dass trotz der doch recht blutigen Kampfszenen in denen KINDER aufgeschlitzt werden, die FSK eine 12er Einstufung vergeben hat?!? Und das obwohl Blut in Fontänen spritzt und blutverschmierte  Kinderleichen in Nahaufnahme gezeigt werden. Respekt FSK, Respekt - da habt ihr ja mal nen echt gnädigen Tag gehabt! Kindern würde ich diesen Film aber trotzdem, bzw. gerade deswegen nicht zeigen!

Trotz der dilettantische Umsetzung und des verschenkten Potentials muss ich aber zugegeben, dass ich mich dennoch auf die kommenden Fortsetzungen freue, da ich den süßen Duft der aufkeimenden Revolution verspüre und gespannt bin wie das Nazi Kapitol Regime darauf reagieren wird.






Fazit: 
Die Tribute von Panem - The Hunger Games sind im Grunde nur eine seichte Coming-of-Ages Sci-Fi Verfilmung, die mehr sein möchte als sie ist. Mit teils erschreckend schlecht gemachten CGI Effekten und einem schon häufig verfilmten Storygrundgerüst in einer faszinierend-abstoßend-dystropischen Zukunft. Beeindruckend ist nur die mannigfaltige Vielfalt der dekadenten Kostüme und Frisuren, die für mich eine klare Oscar Nominierung verdient gehabt hätten. Gerettet wird der Film am Ende vor allem durch die solide schauspielerische Leistung von Jennifer Lawrence, wenn auch ihre dargestellte Rolle als Katniss Everdeen weit entfernt von einem echten Robin Hood oder eines William Wallace ist und sie somit nur die psychische Zerissenheit einer unbedarften Jugendlichen in einer schwierigen Situation darstellt. Damit bilden "The Hunger Games" einen schwachen Auftakt der Tribute von Panem Saga, der aber denoch über die komplette Laufzeit zu unterhalten weiß und am Ende vor allem eins schafft: Dem Zuschauer so richtig Appetit auf die kommenden Fortsetzungen zu machen!


Gesamtwertung:

Einzelwertungen:

Corny: 6,5/10
s.o.

Eva: 9/10
"teils bissl lang, beste Szene District 11"

Marcus: 7/10
"Gelungener Serienauftakt, brauchbare Special Effects, aber bissl wenig Hintergrund zur Welt. Sehenswert, auch im Hinblick auf die Folge-Filme."

Steffa: 8/10
"Wird für mich mit jedem Mal besser, weil ich mich mehr auf Hintergrund & Charakterentwicklung konzentrieren konnte. Auf jeden Fall sehenswert, man sollte sich aber auch die nächsten Teile ansehen!"


Quelle Bilder: cinema.de


Achtung Schnittfassung: Obwohl der Film eine FSK 12 Einstufung erhalten hat, wird vor 20 Uhr im TV nur eine massiv (!!) geschnittene Fassung gezeigt!! In dieser fallen nicht nur alle expliziten Szenen dem Cutter zum Opfer, sondern leider auch viele wichtige Dialogzeilen und erklärende Szenen, was mit einer Gesamtkürzung von 8:22 Min einhergeht. Den Schnittbericht dazu kann man HIER nachlesen. Für die ungeschnittene Fassung muss man daher entweder zur Blu-Ray Fassung greifen oder auf eine Abendausstrahlung warten.

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