Samstag, 24. Oktober 2015

Review "Django Unchained"

Filme und Serien 
Django Unchained
Produktionsjahr: 2012
Laufzeit: 165 min
Budget: 100 Mill. $
Einnahmen: 425 Mill. $
Original Titel: Django Unchained
Regie: Quentin Tarantino
Score: verschiedene Interpreten
 Genre: Western
FSK: 16
Zur Homepage (deutsch): -----------
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                               Bester Nebendarsteller 2013    Bestes Originaldrehbuch 2013              


Der Trailer:




Angesiedelt in den Südstaaten, erzählt Django Unchained die Geschichte von Django (Jamie Foxx), einem Sklaven, der sich mit dem Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) zusammenschließt, um im Gegenzug für seine Freiheit, die gesuchtesten Verbrecher des Südens zur Strecke zu bringen. Er wird zum erfolgreichen Jäger, doch sein größtes Ziel ist es, seine Frau (Kerry Washington) zu finden und zu befreien, die er vor langer Zeit durch Sklavenhandel verloren hat. Als ihre Suche die beiden schließlich zu Calvin Candie (Leonardo DiCaprio), dem berüchtigten und brutalen Besitzer der "Candyland"-Plantage führt, wecken sie das Misstrauen von Stephen (Samuel L. Jackson), Candies treuem Haussklaven. Unter strenger Beobachtung drohen Candie und seine verräterische Bande, ihnen auf die Schliche zu kommen. .... [von der Blu-Ray Beschreibung entnommen]

Da ist er nun also endlich: Der erste (fast reine) Spagettiwestern made by the former known Independent-Regisseur Quentin Tarantino. Obwohl Tarantino in der Vergangenheit schon oft gezeigt hat, dass er ein goldenes Händchen dafür hat, abseits der abgetrampelten Pfade der 08/15 Massengeschmäcker einen finanziellen Blockbuster nach dem anderen in die Kinos zu bringen - und somit längst bewiesen hat, dass es auch abseits von Pippi-Kacka Humor und der 85.igsten Verfilmung von transformierenden Kampfrobotern, schnellen Autoverfolgungsjagden und sonstigen typischen Hollywood-Checklisten ein großes & vor allem auch zahlungswilliges Publikum gibt, so war es ihm bisher noch nicht vergönnt gewesen seiner eigentlichen Leidenschaft folgend einen waschechten Western auf die großen Leinwände der Kinosäale zu zaubern. Denn das Westerngenre gehört neben Marsfilmen seit den 80ern zu den absolut sicher vorprogrammierten Kinokassengiften und bleibt in der Folge so sicher wie das Amen in der Kirche als Celluloidgift in den Projektoren der Kinos liegen. Gut aber dass der bekennende Atheist Tarantino auf das alles schon lange pfeift!

Leider erreicht Quentin Tarantino trotz einer von Anfang an faszinierend Regiequalität bei Django Unchained bei weitem nicht mehr die Klasse und Raffinesse seiner früheren Meisterwerke, aber trotzdem ist Django Unchained einer der besten Filme der 2012 in die Kinos kam und war somit auch absolut zu Recht für den Oscar zum besten Film des Jahres nomminiert! Doch leider scheitert das neuste Werk aus dem Hause TWC vor allem an seiner stringenten Erzählweise. Wie das möglich ist? 

Nun, normalerweise bannt Tarantino seine Filme wie ein klassisches Bühnenstück auf Zelluloid: D.h. langsame Kamerafahrten, extrem textreiche Dialoge, starkes Mimenschauspiel, wenige Ortwechsel und die zugrundeliegende Geschichte unterteilt in klar voneinander abgetrennten Kapiteln. Dadurch ergibt sich der inszenatorischen Vorteil, dass er Stück für Stück, an verschiedenen Handlungsorten, immer wieder neue Figuren in seine Geschichte einweben kann, ohne dass sich der Zuschauer auch nur eine Sekunde lang überfordert führt. Am Ende des Films fließen dann alle zuvor aufgebauten Handlungsstränge in einem zumeist immer von Blutfontänen durchmengtem Finalkapitel incl.  klassischem Stand Off Szenario zusammen. Seinem üblichem Erzählmuster entgegengesetzt, hat sich Tarnatino bei Django Unchained nun aber für eine absolut geradlinige Erzählweise entschlossen, wodurch der Zuschauer leider gleich zu Beginn die große Prämisse des Films "Rettet Djangos Ehefrau" erfährt und anschließend "nur noch" von der Handlung von Ort zu Ort mitgetragen wird. Zudem fehlen fast die Tarnatino typischen Mind-Fuck Momente und kuriosen Storywendungen und selbst dem unaufmerksamsten Zuschauer dürfte von Anfang an klar sein, dass Django Unchained auf ein großes Racheshowdownfinale hinsteuert. Dem etwas aufmerksameren Zuschauer dürfte es zudem spätestens nach einer Stunde, des mit knapp drei-stündiger Laufzeit viel zu lang geratenem Film, zudem klar sein, dass der viel zu  komplizierte Heist-Plan zur Rettung von Django's Ehefrau aus den Fängen des skrupellosen Plantagenbesitzers Calvin Candie am Ende nicht aufgehen wird. Da der Spannungsbogen darüber hinaus immer wieder durch teils langatmige Sequenzen unterbrochen wird und die Handlung dadurch im letzten Drittel des Films sich wie ein ausgelutschter Kaugummi langzieht, führt dies leider fast zwangsweise zum Ende hin zu einer drastischen Ermüdung des Zuschauers. Dazu kommt das von vorneherein klar war, dass die Geschichte am Ende auf eine blutige Rächergeschichte hinauslaufen wird. Denn Django war faktisch von Anfang an kein Underdog (abgesehen von den ersten Minuten) und man hatte als Zuschauer stehts das Gefühl, dass dieser Sklave von Anfang an sein eigenes Schicksal in Händen hält! Man sollte also bei Django Unchained also auf alle Fälle viel Sitzfleisch mitbringen (Herr der Ringe -  Die Rückkehr des Königs lässt grüßen!)


Daraus ergibt sich das Problem, dass trotz den Tarantino-typischen absolut brilliant geschriebenen Dialogen und den fantastisch inszenierten Bühnenbildern sich ein überraschend rasch einsetzender Abnutzungseffekt einstellt. Hier jedoch zeigt Tarantino initial noch die ganze Klasse seiner Regie und Drehbuchkunst, den just exakt in jenem Moment, an dem man sich an dem absolut genialen Schauspiel von Christopher Walz (zu Recht Oscar prämiert) anfängt sattzusehen, kommt mit Calvin Candie, dargestellt vom nicht weniger beeindruckend spielendem Leonardo DiCaprio, ein Gegner aufs Dialog-Schachbrett, der in sämtlichen Belangen dem Charakter von Dr. Schultz ebenwürdig ist! Wir erleben dadurch eine fantastisch inszenierte & spannende Pattsituation zwischen Schultz und Django auf der einen Seite und Candie und seinem hintertriebenem Haussklaven Stephen, kongenial dargestellt durch Samuel L.Jackson, auf der anderen Seite.

Und an dieser Stelle muss man einfach mal die schauspielerische Glanzleistung sämtlicher Beteiligter erwähnen: Das Christopher Walz ein begnadeter Schauspieler ist, wisssen wir alle spätestens seit Inglourious Basterds, dazu feiert DiCaprio mit seiner ersten echten Schurkenrolle ein solch geniales Schauspiel eines zwischen genialen Masterminds und zugleich verzogen-überdrehten Plantagenerbens ab, dass es eine wahre Freude ist. Jamie Foxx mit Django schlicht die Rolle seines Lebens und reglerecht baff war ich über das schauspielerische Talent von Samuel L. Jackson. Seine Darstellung des gewieft-manipulativen Haussklaven Stephen ist so exorbitant gut gewesen, dass er meiner bescheidenen Meinung nach  eigentlichen den Oscar als bester Nebendarsteller hätte gewinnen müssen! Kurzum ein Quartett par excellence an absolut hervorragenden, einfach überragend agierenden Schauspielern denen man ihre Lust und schauspielerische Freude in jeder einzelnen Sekunde auf der Leinwand anmerkt und bei denen man als Zuschauer in Genußwallungen regelrecht dahinschmelzt!

Abseits der grandiosen schauspielerischen Leistung sämtlicher Beteiligter glänzt der Film auch in allen anderen technischen Belangen: Der Soundtrack ist gewohnt facettenreich und angenehm abwechselnd ausgewählt worden, die Bilder sind durchwegs brilliant und gestochen scharf in Szene gesetzt worden und wurden dabei durch die ideenreiche Kameraführung meisterhaft gekonnt aufgelockert! Die Sets sprotzen nur so von verliebten Detailreichtum und die Kostüme machen jeden klassischen Kostümfilm blaß vor Neid. Und die schon eingangs erwähnt brilliant geschriebenen Dialogzeilen bilden die allumfassende Krone um dieses fast perfekt inszenierte filmische Meisterwerk!

Abschließend noch ein Wort zur Darstellung der amerikanischen Sklaverei und dem fundamentalen Rassismusses der damaligen Zeit der leider auch heute noch unterschwellig in der amerikanischen (und nicht nur da!) Gesellschaft anzutreffen ist: Tarantino schreckt dabei nicht in einem einzigen Framebild davor zurück, die damalige Brutalität des widerwärtigen Systems in blutiger Bildsprache in Szene zu setzen - unterstrichen von einer filmhistorischen Rekordanzahl des Wortes "Nig...". Trotz der vielen  eindringlichen Bilder und Sequenzen erreicht mich  überraschenderweise kein einziges davon wirklich emotional! Woran kann das nur liegen? An fehlender Empathie? Oder daran, dass man bei einem Tarantino Film von vorneherein drastische Blut & Gewaltszenen erwartet? Oder liegt es viel eher an der visuell-ästhetischen Darstellung der Gewaltsequenzen die trotz ihrer Eindringlichkeit aufgrund ihrer künstlerischen Inszenierung den Zuschauer emotional distanziert? So kurios es also auch klingen mag, gerade durch die visuell arangierte Bildästhetik wird dem Zuschauer eine emotionale Bindung an die drastischen Szenen und Inhalte verwehrt, denn so eindringlich und erschütternd viele der Sklavenszenen auch waren - bei denen Tarantino auch bewusst anklagen wollte - sie konnten aufgrund ihrer künstlerischen Visualisierung einfach keine emotionale Bindung zum Zuschauer aufkommen lassen. Eventuell lag es aber auch daran, dass der hier gezeigte Umgang mit Afroamerikanern an manchen Stellen so absurd grotesk war, dass es dem Zuschauer wie von einem anderen Planeten vorkam und nicht wie von gerade mal etwas über 150 Jahren. Wenn man bedenkt, dass Amerika heute von einem dunkelhäutigem Präsidenten regiert wird, so hat sich Gott sei Dank schon vieles seit damals auf dem neuem Kontinent verändert - aber vieles muss sich auch noch ändern!
 
Fazit: 
Tarantino hat endlich seinen ersten fast reinen Spagettiwestern, garniert mit seinen gewohnt expliziten Blaxploitation Sequenzen, hervorragendem German Importacting und einem Schuss Siegfriedsaga auf die Leinwand gezaubert. Dabei wird in erschreckenden Facetten eine Geschichte aus der Zeit der Sklaverei des damals noch jungen amerikanischen Staates erzählt, die im Laufe des Films zu einer dialogschweren Rächergeschichte par excellence extrapoliert wird. Sowohl die innovative Kameraführung, als auch das fantastische Bühnenbild, so wie auch das Kostümdesign sind das Beste was 2012 in die Kinos kam. Einzig die Entscheidung Tarantinos von seiner sonst so gewohnten kapitelorientieren Erzählstruktur abzuweichen und stattdessen einem stringent linear erzähltem Handlungfaden zu folgen, führt am Ende zu einem unbefriedigendem Spannungsbogen, der dem Zuschauer letztendlich leider sehr viel Sitzfleisch abverlangt. Kein Wunder also, dass er bei seinem kommenden Film "The Hateful Eight" wieder auf seine ursprüngliche kapitelorientierte Erzählstruktur zurückkehren wird. Aber auch wenn am Ende des Films der Erzählung die Luft ausgeht, so ist der Weg bis dorthin brilliant inszeniert! Besondere Hochachtung verdient dabei Samuel L. Jacksons Darstellung eines mehr als gewieften Haussklaven, der am Ende sogar Oscarpreisträger Christoph Waltz locker an die Wand spielt. Und dann sind da ja auch noch die fesselnd-faszinierenden schauspielerischen Leistungen von DiCaprio sowie von Jamie Foxx, die dem ganzen Kammerspiel die Krone aufsetzen! So oder so, Django Unchained ist ein filmisches Meisterwerk und ein ganz klares must see!


Gesamtwertung:

Einzelwertungen:

Corny: 8,5/10
s.o. 

Eva: 8/10
"Abwechslungsreich, grandiose Schauspieler, am Ende zu lang und stellenweise sehr (zu) brutal."

Steffi: 9/10
"Grandiose Dialoge, super Darsteller, aber mir hats bei manchen Stellen den Magen umgedreht (und ich mein nicht das Kunstblut) ;-)"


Achtung Schnittfassung in der TV-Auswertung: Auch wenn überraschenderweise die FSK Django Unchained eine 16er Wertung geschenkt hat (hatten anscheinend damals einen verdammt guten Tag!) wurde der Film für die 20 Uhr Free TV Auswertung teils drastisch gekürzt, um dadurch von der FSK eine noch niedrigere, 12er Freigabe zu erhalten! In gewohnter Weise fallen hierbei einige der doch recht expliziten Szenen, allen voran die vielen Blutspritzer, der Mandingo-Fight und fast das komplette splattrige Finale dem Cutter zum Opfer, was mit einer harten Gesamtkürzung von 4:00 Min einhergeht! Den traurigen Schnittbericht dazu kann man HIER nachlesen. Kurzum, der wahre Cineast greift auch dieses Mal wieder direkt zur ungekürzten Kinofassung auf der Blu-Ray seines Vertrauens!

Einen sehr interessanten Einblick in die deutschsprachige Synchronisation des Films bietet Ausgabe 24 des Synchronisations-magazins "Asynchron" auf dem Portal Massengeschmack: Klick hier! Dabei wird nicht nur auf die korrekte inhaltliche Übersetzung im Kontext des historischen Settings eingegangen, sondern auch auf die hochkarätige Besetzungsriege der Synchronisatoren und ob deren Stimmen auch klangfarblich zu denen der Orginalsprecher passen. Insgesamt kommen dabei die Experten von Asynchron zu dem Ergebnis, dass dem verantwortlichem Synchronisationsstudio bei Django Unchained eine fast mustergültige Umsetzung in die deutsche Sprache gelungen ist. Sowohl Inhalt, als auch die Stimmmelodie der einzelnen Synchronisatoren als auch der Sprachslang der einzelnen Personenschichten sind hierbei mehr als gelungen vom englischsprachigem Original ins deutschsprachige umgesetzt worden!


Quelle Bilder: cinema.de ; moviejones.de & moviepilot.de
Quelle Gifs: unchainedmovie.com
 

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